Zuletzt hatte Bosch Investitionen von rund 950 Millionen Euro über zehn Jahre in ein neues Entwicklungs- und Fertigungszentrum im chinesischen Suzhou bekanntgegeben. Dort sollen Mobilitätslösungen und -produkte aus den Bereichen Elektrifizierung und Automatisierung speziell für die Nachfrage im lokalen Markt entstehen. Zugleich stärkt Bosch den Technologiestandort Europa: „Ein Paradebeispiel ist der Ausbau unserer Chipfabriken in Dresden und Reutlingen“, erläuterte Hartung. „Bis 2026 wollen wir in unser Halbleitergeschäft nochmals drei Milliarden Euro investieren – auch als Beitrag gegen die Halbleiterknappheit in der Mobilitätsbranche.“ Bosch plant zudem, sein Geschäft stärker als bisher über die Weltregionen hinweg auszubauen, darunter in Ägypten, Indien, Mexiko, den USA und Vietnam.
Welthandel: Zusammenarbeit fördert Wohlstand und Klimaschutz
Die Veränderungen des Markt- und Technologieumfeldes gerade durch Vernetzung, Automatisierung und Elektrifizierung sowie die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit ist für Bosch ein Wachstumsmotor in den nächsten Jahren. Zusätzliche Nachfrage in aufstrebenden Regionen wie den ASEAN-Staaten eröffnet weiteres Marktwachstum. Vor diesem Hintergrund sieht Hartung das Unternehmen mit Blick auf die wirtschafts- und energiepolitische Lage gut aufgestellt. Allerdings belaste die Energieknappheit als Treiber der Inflation auf Dauer den Konsum und damit die Geldwertstabilität. Daher sei es gut, dass die Zentralbank eine restriktive Geldpolitik eingeleitet habe. Zugleich warnte er vor einer Blockbildung in der Weltwirtschaft. „Eine Fragmentierung wirtschaftlicher Systeme gefährdet Innnovationskraft und Wohlstand für alle Menschen“, sagte der Bosch-Chef. „Vor allem der Klimaschutz braucht internationale Zusammenarbeit.“
Die weitere Erschließung regenerativer Energien sieht Hartung als Chance, den Zielkonflikt zwischen ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit aufzulösen. „Der Umbau der Energiesysteme muss bezahlbar bleiben, darf nicht zu Stromausfällen in Betrieben oder Haushalten führen und soll fossile Energieträger möglichst hinter sich lassen.“ Bosch leiste dazu seinen Beitrag und mache Tempo bei Brennstoffzellen und Wasserstoff. „Für Elektromobilität“, betonte Hartung, „verzeichnen wir einen anhaltend starken Auftragseingang.“ Damit wird Bosch in dem Bereich voraussichtlich bereits 2026 einen Umsatz von sechs Milliarden Euro erzielen. Schon in diesem Jahr soll das Geschäft mit E-Achsen und -Motoren in China die Gewinnzone erreichen.
Klimaneutrale Technik: Energiekrise steigert Nachfrage
Die Energiekrise und der Klimawandel erhöhen trotz aller Herausforderungen weltweit den Bedarf an klimaneutraler Technik. Das eröffnet auch Bosch vielfältige Perspektiven: Bereits heute erwirtschaftet das Unternehmen gut 20 Milliarden Euro mit Erzeugnissen rund ums Haus. „Etwa 90 Prozent des Energieverbrauchs im häuslichen Umfeld lassen sich durch unser Produktportfolio positiv beeinflussen“, erklärte Bosch-Vizechef Dr. Christian Fischer, auch zuständig für das Geschäft mit Haus- und Gebäudetechnik. „85 Prozent entfallen davon auf Heizen und Warmwasseraufbereitung, 15 Prozent auf Hausgeräte.“ Bosch habe bei Wärmepumpen bereits in Deutschland 2022 ein Absatzplus von 50 Prozent realisiert. Der europäische Wärmepumpen-Markt werde bis 2025 jährlich um 25 bis 35 Prozent zulegen, Bosch voraussichtlich um nahezu 40 Prozent und damit Marktanteile gewinnen. Das Unternehmen baut seine Fertigungskapazitäten für Wärmepumpen daher in Europa aus: Seit Jahresbeginn läuft eine weitere Produktion im deutschen Eibelshausen hoch. In der Transformation der Energiesysteme sieht Bosch weiteres Wachstumspotenzial. „Allerdings muss der Wandel bezahlbar sein“, sagte Fischer. „In Gebäuden sind die Kosten für Sanierung und Umrüstung nicht zu unterschätzen.“ Bosch setze daher auf eine Hybridheizung aus Wärmepumpe und Gastherme. Für die Zukunft sieht der Bosch-Vizechef in der gemeinsamen Optimierung der Energieströme in Fahrzeugen und Gebäuden nächstes Potenzial: „Wir elektrifizieren alles, vom Bike bis zur Hydraulik – und wir sind nicht nur im Haus, sondern auch im Auto zuhause.“
Arbeitgeberattraktivität: Nachhaltigkeit zieht Fachkräfte an
Bei der Umsetzung der eigenen Nachhaltigkeits- und Klimaziele kam Bosch im Geschäftsjahr 2022 ebenfalls voran: Das Unternehmen steigerte den Anteil regenerativer Quellen am Stromverbrauch im Jahresverlauf von 89 auf 94 Prozent. „Unser Energiesparziel für 2030 von 1,7 Terawattstunden haben wir bereits 2022 fast zur Hälfte realisiert“, erklärte Filiz Albrecht, Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin der Robert Bosch GmbH mit Zuständigkeit auch für Nachhaltigkeit. „Gleichzeitig macht unser Engagement für Nachhaltigkeit Bosch auch als Arbeitgeber attraktiver.“ Laut Albrecht wird die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens für Bewerber immer wichtiger. In Zeiten des Fachkräftemangels sei es auch für Bosch global heute anspruchsvoller, die besten Talente zu finden. Dabei gewinne Indien im Wettbewerb um Software-Experten an Bedeutung. Dort seien bei Bosch allein 17 000 tätig, weltweit sei die Zahl von 38 000 auf 44 000 gestiegen. Der Bedarf an Software-Entwicklern ist weiterhin groß – bis Mitte der Dekade sollen etwa 10 000 hinzukommen. „Bald arbeiten mehr als 50 000 Menschen in der Software-Entwicklung von Bosch“, sagte die Personalchefin. Die Bosch-Gruppe fördert zudem die digitalen Kompetenzen ihrer Fertigungsmitarbeiter: In diesem Jahr startet etwa das „LernWerk“, eine Initiative im Unternehmensbereich Mobility Solutions. Ziel ist es, zunächst an allen deutschen Standorten die Fähigkeiten für die Arbeit in der „Fabrik der Zukunft“ zu vertiefen.
Geschäftsverlauf 2022: Mobility-Sparte mit höchstem Umsatzzuwachs
„Trotz Halbleiterknappheit und Konjunkturschwäche haben alle Unternehmensbereiche ihre Umsätze gesteigert“, sagte Dr. Markus Forschner, Geschäftsführer und Finanzchef der Robert Bosch GmbH. Der größte Unternehmensbereich Mobility Solutions blieb auch 2022 mit Erlösen von 52,6 Milliarden Euro der umsatzstärkste. Das Umsatzplus von 17 Prozent belief sich wechselkursbereinigt auf zwölf Prozent. „Erfreulicherweise ist unser Umsatz stärker gewachsen als die weltweite Automobilproduktion“, erklärte der Finanzchef. Mit der Ertragskraft könne Bosch aber nicht zufrieden sein. Die Rendite sei durch den Kostenanstieg entlang der gesamten Lieferkette und erhöhte Vorleistungen für die Transformation des Mobility-Geschäfts belastet. Der Unternehmensbereich Industrial Technology erzielte ein Umsatzwachstum um 14 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Wechselkursbereinigt betrug das Plus elf Prozent. Laut Forschner sind der Kauf von HydraForce und die Übernahme von Elmo wichtige Meilensteine für das Geschäft mit der Industrietechnik. Der Unternehmensbereich Consumer Goods konnte den Umsatz leicht steigern trotz deutlicher Kaufzurückhaltung der Verbraucher bei Haushaltsgeräten sowie Elektrowerkzeugen, erläuterte Forschner. Die Erlöse legten um zwei Prozent auf 21,5 Milliarden Euro zu, wechselkursbereinigt sogar um drei Prozent. Im Unternehmensbereich Energy and Building Technology spiegelte sich im Wachstum hingegen die ungebrochen hohe Nachfrage an energieeffizienter Haus- und Gebäudetechnik wider. Der Umsatz stieg nach Angaben des Finanzchefs auf sieben Milliarden Euro. Das Plus von 15 Prozent beträgt wechselkursbereinigt 13 Prozent.
Geschäftsverlauf 2022: Stärkeres Wachstum im zweiten Halbjahr
„Erfreulicherweise steigerten alle Regionen ihre Umsätze erheblich", sagte Forschner. „In der zweiten Jahreshälfte 2022 konnten wir dabei ein stärkeres Wachstum verzeichnen.“ In Europa erreichte der Umsatz 44,8 Milliarden Euro. Der Anstieg von acht Prozent betrug wechselkursbereinigt zehn Prozent. „Das Wachstum in Europa war durch den Krieg in der Ukraine und seiner Folgen stärker als in anderen Regionen belastet“, erläuterte der Finanzchef. In Nordamerika legte der Umsatz um 25 Prozent auf 14,3 Milliarden Euro zu. Der Anstieg belief sich wechselkursbereinigt auf elf Prozent. Damit zeigt diese Region das zweitstärkste Wachstum innerhalb der Bosch-Gruppe. Besonders erfreulich entwickelte sich laut Forschner dabei das Geschäft mit Heizungs- und Klimalösungen. In Südamerika erreichten die Erlöse 1,8 Milliarden Euro. Der damit höchste regionale Umsatzzuwachs von 30 Prozent betrug wechselkursbereinigt 21 Prozent. Forschner: „Wesentlich für das Wachstum war die positive Konjunkturentwicklung.“ In Asien-Pazifik lag das Umsatzwachstum bei zwölf Prozent, wechselkursbereinigt bei acht Prozent. Die Erlöse erreichten 27,5 Milliarden Euro. Forschner zufolge wirkte sich ein kräftiges Wachstum in Indien positiv aus, während in China zum Jahresende die geänderte Covid-Politik die Geschäftsentwicklung dämpfte.
Mitarbeiterentwicklung 2022: Rund 18 000 Beschäftigte mehr
Weltweit arbeiteten zum Stichtag 31.12.2022 rund 420 300 Menschen in der Bosch-Gruppe. Das sind etwa 18 400 mehr als im Vorjahr – rund vier Prozent. Die Mitarbeiterzahl in Deutschland stieg um 2 600 auf 133 400. „Fast die Hälfte des gesamten Aufbaus entfiel auf Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung“, erläuterte Forschner. In diesem Bereich lag die Anzahl der Beschäftigten bei 84 800 – davon sind 44 000 Software-Entwicklerinnen und -Entwickler.
Ausblick 2023: Abschwächung der Weltkonjunktur
Bosch geht von einer konjunkturellen Abschwächung aus und erwartet für das laufende Jahr ein Wachstum der globalen Wirtschaftsleistung von weniger als zwei Prozent. „Das globale Geschäftsklima weist bereits auf konjunkturelle Belastungen hin“, sagte Forschner. „Steigende Zinsen belasten die Investitionen, vor allem die Bautätigkeit sowie den privaten Verbrauch.“ In Europa kämen die trotz der jüngsten Rückgänge markant gestiegenen Energiekosten hinzu, während in China nach Aufgabe der Null-Covid-Politik sowie dem Abflauen der massiven Infektionswellen ein Erholungsprozess einsetzen dürfte. In wichtigen Branchen spürt Bosch laut Forschner eine Abschwächung der Konjunktur und erwartet einen anhaltenden Kostendruck in den Wertschöpfungsketten. Zugleich sei ein erheblicher Kapitaleinsatz notwendig, um Wachstum in zukünftigen Technologien zu finanzieren. „Ein innovatives Unternehmen wie Bosch muss hohe Vorleistungen erbringen“, betonte der Finanzchef. Für das laufende Jahr 2023 wolle Bosch daher seinen Umsatz steigern und die Ertragskraft weiter verbessern. „Wir halten Kurs, um unsere langfristige Zielrendite von mindestens sieben Prozent zu erreichen“, sagte der Finanzchef. „In wirtschaftlich rauer See werden wir die Balance halten – zwischen der Sicherung unserer Ertrags- und Finanzkraft einerseits sowie Investitionen und möglichen Zukäufen andererseits.“