Maximale Automatik-Gebläsestufe ist schon auf Deutsch nicht knapp. Auf Finnisch aber heißt es Automaattinen tuulettimen maksimivoimakkuus. Das ist dann doch ein bisschen länger – und ein gutes Beispiel für die Herausforderungen, vor denen Thomas Hackenberg immer wieder steht. Im Finnischen müssen wir fast alles extrem abkürzen. Außerdem gibt es in der Sprache längst nicht alle Präpositionen, so wie wir sie aus dem Deutschen und anderen Sprachen kennen – Wörter wie auf, von oder an können daher gar nicht klassisch übersetzt werden, sondern werden durch Endungen (Deklinationen) ausgedrückt, was Abkürzungen erschwert, erklärt der diplomierte Fachübersetzer.
Hackenberg ist bei Bosch Car Multimedia in Hildesheim neben dem allgemeinen Übersetzungsgeschäft dafür verantwortlich, dass Fahrerassistenzsysteme die Sprache des Kunden sprechen. Sei es beim Wegweisen, beim Blättern durch das digitale Telefonbuch oder eben bei der Gebläse-Feineinstellung auf dem Display.
Benutzeroberfläche eines Fahrerassistenzsystems von Bosch in Arabisch, Stadtauswahl Libanon
Wir haben derzeit 40 Sprachen im Angebot, vor 20 Jahren waren es nicht einmal zehn, sagt Hackenberg. Da sich unsere Kunden, die Automobilhersteller, auch über eigene Texte differenzieren wollen, liefern sie stets selbst die Quelltexte für ihre neuen Systeme. 2.000 bis 2.500 Phrasen – also vorgefertigte Formulierungen – pro Sprache gibt es in einem durchschnittlichen Projekt. Diese fließen sowohl in die Menüs und Masken im Fahrzeug ein als auch in die Sprachbedienung der Geräte.
Bei einem bedeutenden us-amerikanischen Kunden zum Beispiel ist die Grundsprache Englisch, die Übersetzungen ins Deutsche mache ich immer selbst und gebe diese deutschen Texte nach Freigabe durch Bosch dann als weitere Referenz an unseren externen Dienstleister – eine wichtige Qualitätsmaßnahme, sagt Hackenberg. Für alle weiteren Sprachen ist eine externe Stammagentur zuständig, wo sich Muttersprachler mit einschlägiger Bosch-Erfahrung um die Übersetzungen kümmern.
Lokalisierung statt Übersetzung
Thomas Hackenberg ist dabei die Schnittstelle zwischen Bosch und dem externen Übersetzungsdienstleister: Wir machen schließlich mehr als nur reines Übersetzen. Das zu langen Wörtern neigende Finnisch sinnvoll auf Displaygröße zurechtzustutzen ist da nur ein Aspekt. Besonders kompliziert wird es bei Sprachen, die gar keine Abkürzungen kennen, sagt Hackenberg. Beispielsweise Japanisch oder Arabisch – das zudem auch noch von rechts nach links gelesen wird. Damit der Eintrag auf dem Display sinnvoll erscheinen kann, müssen hier teils ganze Wörter gelöscht oder Phrasen umformuliert werden.
Sprachliche Besonderheiten erfordern mehr als nur reines Übersetzen (Thailändisch)
Christian Heinze aus dem Bosch-Kundenteam für einen großen japanischen Hersteller nennt ein weiteres Beispiel: Wichtig ist auch die Tatsache, dass man Begriffe wie z. B. das englische Points Of Interest im Deutschen nicht einfach als Interessante Punkte übersetzen kann, sondern in Absprache mit unserem Kunden den verständlicheren Begriff Sonderziele verwenden muss. Das gilt für eine Vielzahl von Begriffen.
Eine Sprache wie Thai kennt wiederum keine Leerzeichen zwischen allen Wörtern, sondern verwendet nur Leerstellen zwischen Sinneinheiten, die zum Teil einen ganzen Satz lang sein können. Dadurch funktionieren automatische Zeilenumbrüche nicht und der thailändische Übersetzer muss sozusagen per Hand nach den richtigen Umbruchstellen suchen.
Verkehrssicherheit vor Stilsicherheit - das ist für die Experten elementar (Griechisch)
Der wichtigste Aspekt ist für uns aber immer, dass die Information korrekt wiedergegeben wird. Da nehmen wir auch Kompromisse bei der Grammatik in Kauf, sagt Hackenberg. Denn ohne eine hochwertige, präzise und zu 100 Prozent korrekte Lokalisierung der Benutzeroberfläche sei das Produkt letztlich wertlos. Im schlimmsten Fall kann es durch eine fehlerhafte Übersetzung sogar zu gefährlichen Situationen kommen, sagt Hackenberg: Für uns ist deshalb klar: Verkehrssicherheit vor Stilsicherheit.