Stefan Hartung,
Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH,
Markus Forschner,
Mitglied der Geschäftsführung,
anlässlich der Bilanzpressekonferenz am 18. April 2024
Es gilt das gesprochene Wort.
Stefan Hartung,
Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH,
Markus Forschner,
Mitglied der Geschäftsführung,
anlässlich der Bilanzpressekonferenz am 18. April 2024
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist einfach, vom Wandel zu reden. Aber den Wandel zu unternehmen – das ist eine harte, wenn auch spannende Arbeit. In aller Bescheidenheit könnte ich auch sagen: Eben dies macht Bosch zu einem spannenden Unternehmen. Hier kommen gleich mehrere Entwicklungspfade zusammen, die in die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft führen: die technologischen Antworten auf die Jahrhundertaufgabe der Klimaneutralität, die Automatisierung des Fahrens und der Fabriken, der Einsatz von künstlicher Intelligenz über alle Bereiche hinweg. Dabei haben wir ein so breites Know-how, dass wir die Transformation in verschiedenen Branchen nicht nur begleiten, sondern auch mitgestalten – in Gebäude- und Industrietechnik, bei Konsumgütern ebenso wie in der Mobilität. Bosch steht also an einem Punkt, wo sich die Chancen, aber auch die Herausforderungen des Wandels treffen – in unserem Geschäftsbericht nennen wir das „Crossroads“. Welche Wege wir kraftvoll in die Zukunft gehen, wo wir in neue Technologien investieren, in welchen Bereichen wir uns aber zugleich fokussieren – das wollen wir Ihnen auf dieser Bilanzpressekonferenz zeigen, zu der auch ich Sie herzlich begrüße.
In welchem Umfeld bewegen wir uns – politisch, wirtschaftlich, ökologisch? Dazu möchte ich vorab zwei Punkte reflektieren.
Inzwischen haben unsere Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern zu ersten Ergebnissen geführt. Grundsätzlich sind wir uns mit ihnen einig, dass wir Kosten senken müssen, dabei aber auch nach Alternativen zum Stellenabbau suchen. Zudem stehen bereits zwei wesentliche Vereinbarungen: Zum einen werden wir die deutschen Standorte der Geschäftsbereiche Power Solutions, Electrified Motion und Cross Domain Computing Solutions stärken – hier investieren wir in diesem und im nächsten Jahr vier Milliarden Euro in Maschinen und Anlagen sowie Forschung und Entwicklung. Zum anderen werden wir bis 2027 rund 700 Millionen Euro für Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Mobilitätssparte ausgeben.
Ohnehin forcieren wir unsere Initiativen für Weiterbildung und Vermittlung unserer Beschäftigten aus schrumpfenden in wachsende Geschäftsfelder. Im Rahmen unserer Programme „People Acquisition Campus“ und „Mission to Move“ konnten wir bisher nahezu 3.000 Beschäftigte aus unserem Antriebsgeschäft qualifizieren und auf neue Stellen bringen. Jetzt weiten wir diese Programme auf den gesamten Unternehmensbereich Mobility aus. Und wir bleiben mit unseren Initiativen an Firmengrenzen nicht stehen. Deshalb haben wir uns bereits mit nahezu 70 anderen Unternehmen in der „Allianz der Chancen“ zusammengeschlossen. Schon an vier Standorten in Baden-Württemberg beteiligen wir uns an Arbeitsmarkt-Drehscheiben, um Menschen direkt von Arbeit in Arbeit zu bringen. Wir wollen noch mehr tun als bisher, damit der Strukturwandel gesellschaftlich verkraftbar bleibt.
Ob wir auf das soziale oder das ökologische Klima schauen, einfach ist unser Umfeld nicht. Unter diesen Rahmenbedingungen können wir nur bestehen, wenn Bosch wirtschaftlich robust bleibt – das muss im Interesse aller Beteiligten sein. Zwar ist es eine gute Nachricht, dass wir 2023 besser abgeschnitten haben als erwartet. Aber 2024 ist erneut anspruchsvoll. Auf unsere aktuelle geschäftliche Lage wird nunmehr mein Kollege Markus Forschner eingehen, bevor ich mit einem strategischen Blick übers Jahr hinaus fortfahre …
… Ja, Stefan – das Geschäftsjahr 2024 wird mindestens so herausfordernd wie 2023, das dank eines erfolgreichen Endspurts unsere Erwartungen insgesamt erfüllt hat. Ich werde kurz die wichtigsten Größen des Konzernabschlusses ansprechen. Ausführliche Erläuterungen finden Sie im Geschäftsbericht. Wichtig ist mir der Blick nach vorne – vor allem auf die konjunkturellen Perspektiven und die Bedeutung der wirtschaftlichen Performance als Basis für unsere langfristig angelegte Wachstumsstrategie.
Der Endspurt hat dazu geführt, dass das operative EBIT noch etwas besser ausgefallen ist, als bei der Vorstellung der vorläufigen Zahlen Anfang Februar zu erwarten war. Dabei ist der Umsatz in der Bosch-Gruppe 2023 nominal lediglich um 3,8 Prozent auf 91,6 Milliarden Euro gestiegen. Wechselkursbereinigt betrug die Erhöhung jedoch acht Prozent und lag damit im Zielkorridor für das vergangene Jahr von sechs bis neun Prozent. Wir wachsen also deutlich. Der große Unterschied zwischen nominalem und wechselkursbereinigtem Wachstum resultiert aus den wirtschaftlichen Besonderheiten im vergangenen Jahr. In Europa war die Konjunktur mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von 0,9 Prozent zwar noch schwächer als das Wachstum der Weltwirtschaft von 2,7 Prozent. Dennoch haben die hohe Inflation und das hohe Zinsniveau dazu geführt, dass der Euro an den Kapitalmärkten gefragt war. Zudem wertete der chinesische Renminbi unerwartet stark ab. Das belastete auch uns.
Dank unserer Diversifizierung konnten wir jedoch Schwächen in Teilmärkten ausbalancieren. Bei Mobility haben wir davon profitiert, dass der Markt im Jahresverlauf angezogen hat. Der Umsatz stieg nominal um 6,9 Prozent auf 56,2 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt um 10,9 Prozent. Die weltweite Fahrzeugproduktion erhöhte sich dabei mit einem Zuwachs von mehr als zehn Prozent auf 93 Millionen Einheiten deutlich stärker als erwartet. Dabei sorgte die Auflösung der Halbleiterengpässe für einen Schub. Besonders kräftig war das Umsatzplus bei Energy and Building Technology – mit 10,5 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt 13,2 Prozent. Hier kam uns insbesondere die zeitweise kräftige Nachfrage nach regenerativer und energieeffizienter fossiler Heizungstechnologie zugute.
Der Anstieg bei Industrial Technology um nominal 6,8 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro und wechselkursbereinigt um 10,2 Prozent resultiert aus der erstmaligen Konsolidierung der Zukäufe HydraForce und Elmo Motion Control. Stefan Hartung geht gleich auf die Bedeutung externen Wachstums für unsere langfristige Strategie weiter ein. Ohne diese Akquisitionen stagnierte wie erwartet das Geschäft bei Industrial Technology. Die Abkühlung des Maschinenbaumarkts hat sich bereits frühzeitig angekündigt. Lediglich der Unternehmensbereich Consumer Goods hat 2023 seine Prognosen aufgrund der schwachen Konsumgütermärkte verfehlt. Die Erlöse lagen mit 19,9 Milliarden Euro nominal um 6,6 Prozent unter dem Vorjahr; wechselkursbereinigt betrug der Rückgang 1,2 Prozent.
Bezogen auf die Ertrags- und Finanzkraft haben wir 2023 Fortschritte erzielt. Das operative EBIT stieg auf rund 4,8 Milliarden Euro gegenüber 3,8 Milliarden Euro im Vorjahr, die operative EBIT-Rendite auf 5,3 Prozent gegenüber 4,3 Prozent. Wir kommen also voran, auch wenn wir von unserem Ziel einer Rendite von mindestens sieben Prozent noch ein ganzes Stück entfernt sind. Dieses Ziel nehmen wir uns für 2026 vor. Am besten haben 2023 Industrial Technology und Energy and Building Technology mit EBIT-Renditen von 9,1 Prozent respektive 9,0 Prozent abgeschnitten. Mobility konnte seine operative EBIT-Rendite trotz der enormen Vorleistungen und Transformationsaufgaben auf 4,4 Prozent gegenüber 3,4 Prozent verbessern, Consumer Goods trotz des Umsatzrückgangs mit 4,5 Prozent auf Vorjahresniveau halten.
Sehr konsequent haben wir an der Verbesserung des Free-Cash-Flow gearbeitet. Er erreichte 2,2 Milliarden Euro beziehungsweise 2,4 Prozent vom Umsatz und liegt damit deutlich über unserem Mindestziel von 1,0 Prozent sowie erheblich über dem negativen Wert von vier Milliarden Euro im Vorjahr. Dies ist auch ein Ausdruck einer Normalisierung. So war die Vorratssituation im Vorjahr noch stark durch die Unsicherheiten aufgrund der Coronavirus-Pandemie und der Halbleiterengpässe geprägt. Zudem rücken wir bei unserer Steuerung verstärkt das Thema Kapitaleffizienz in den Fokus, um uns damit zusätzliche interne Spielräume für die Wachstumsfinanzierung zu sichern. Das betrifft nicht nur Vorräte und Forderungen, sondern vor allem die Verbindlichkeiten.
Wir achten bei den Vorleistungen, die sich insgesamt 2023 immerhin auf mehr als zwölf Milliarden Euro summierten, konsequent auch auf Wirtschaftlichkeit. Zwar lagen die Investitionen 2023 mit 5,5 Milliarden Euro auf einem erneuten Höchststand, doch wir überprüfen immer wieder unsere Projekte und steuern gegebenenfalls nach. Gleiches gilt für unsere Forschungs- und Entwicklungskosten, die 2023 einen Wert von 7,3 Milliarden Euro erreichten und damit zu einer F&E-Quote von 8,0 Prozent führten.
Wir werden auch 2024 und darüber hinaus nicht nur unseren Wachstumsambitionen und der Weiterentwicklung von Bosch, sondern speziell der finanziellen Performance des Unternehmens großes Gewicht beimessen. Denn wir können vorerst keinen nennenswerten konjunkturellen Rückenwind erwarten. Im Gegenteil. Für 2024 gehen wir davon aus, dass die globale Wirtschaftsleistung nur mit 2,3 Prozent wachsen wird – langsamer als im Vorjahr. Wir erwarten zudem eine stagnierende Fahrzeugproduktion und einen weiterhin schwachen Maschinenbaumarkt. Bei den Konsumgütermärkten könnte es nach zwei Jahren Zurückhaltung eine leichte Verbesserung geben. Auch für unser Geschäft gehen wir von einer Stabilisierung aus. Dazu sollen nicht nur Innovationen beitragen, sondern auch eine Verstärkung der internationalen Aufstellung – zum Beispiel mit einer neuen Herdfabrik in Ägypten für den afrikanischen und einer Kühlgeräte-Fabrik in Mexiko für den nordamerikanischen Markt.
Insgesamt zeigen unsere Geschäftszahlen im ersten Quartal, dass 2024 erneut anspruchsvoll wird. Der Umsatz in der Bosch-Gruppe ist gegenüber dem Vorjahresquartal um knapp ein Prozent zurückgegangen, wechselkursbereinigt konnten wir nahezu drei Prozent zulegen. Daran wird deutlich, dass der Umsatzanstieg um fünf bis sieben Prozent, wie wir ihn mit unserer Planung für das Gesamtjahr angepeilt hatten, sehr ambitioniert ist. Beim Free-Cash-Flow bleibt es beim Mindestziel von einem Prozent des Umsatzes. Es wird schwierig, unsere operative EBIT-Rendite gegenüber Vorjahr zu steigern. Hier spielt neben dem verhaltenen Marktumfeld und den voraussichtlich weiter steigenden Vorleistungen für die Zukunftsthemen eine Rolle, dass Restrukturierungen und Prozessverbesserungen zunächst belasten und erst später positiv wirken. Die verhaltene EBIT-Prognose spiegelt zudem wider, dass wir die Maßnahmen konsequent, aber mit Augenmaß umsetzen wollen. So versuchen wir die notwendigen Personalanpassungen möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen umzusetzen. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Beschäftigten in allen Regionen gestiegen – auch in Deutschland. Weltweit beschäftigten wir zum Jahresende rund 429 000 Mitarbeitende und damit rund 8 000 mehr als im Vorjahr.
Unsere Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen der Verbesserung der Ertrags- und Finanzkraft auf der einen Seite und den erforderlichen Vorleistungen für das Wachstum der Zukunft auf der anderen zu halten. Hinzu kommt, dass diese Vorleistungen teilweise erst in einigen Jahren ihre Umsatz- und Ertragswirkung entfalten – bei erheblichen Unsicherheiten, ob und wann sich viele der neuen Technologien wirklich durchsetzen werden. Es ist nicht unser Stil, zugunsten einer schnellen Erreichung der Zielrendite bei den Zukunftsgebieten drastisch zu kürzen. Es bleibt aber unser Anspruch, möglichst viel aus eigener Kraft zu finanzieren. Und das setzt eine hohe Ertrags- und Finanzkraft voraus. Denn für Bosch ist die finanzielle Unabhängigkeit ein hohes Gut, ermöglicht sie doch eine langfristig angelegte Unternehmensstrategie.
… Vielen Dank, Markus! Übers Jahr hinaus ist es unser erklärtes Ziel, das Wachstum von Bosch zu beschleunigen. Konkret streben wir weiterhin zwei Ziele an:
Erreichen können wir diese Ziele in den kommenden Jahren, weil die Transformation unserer Branchen mehr ist als eine große Herausforderung – sie birgt zugleich große Wachstumschancen. Dazu bringen wir tiefes technisches Wissen mit, sei es in Elektrifizierung und Automatisierung, sei es in Software und künstlicher Intelligenz. Kein Unternehmen hat in Deutschland im vergangenen Jahr so viele Patente angemeldet wie Bosch – auch bei KI liegen wir hier an der Spitze. So sehr wir aus eigener Kraft zulegen können, wir werden unser Portfolio auch mit neuen und angrenzenden Geschäftsfeldern erweitern. Inhaltlich müssen diese Felder klar zu Bosch passen, also „Technik fürs Leben“ sein. Wir setzen unsere Strategie konsequent um. Und wir gehen mehrgleisig vor – auch dazu zwei Aspekte:
Ein Innovationsfeld mit Wachstumschancen ist für uns auch die Medizintechnik. Auf diesem Feld ist uns während der Corona-Pandemie einer der weltweit ersten vollautomatisierten PCR-Schnelltests gelungen. Auch seither sind wir hier innovativ unterwegs, vor allem über die Verbindung der Molekulardiagnostik mit unserer Mikrosystemtechnik, kurz MEMS, wie wir sie in Smartphones ebenso wie im ESP-Schleuderschutz einsetzen. Damit können wir auf unserer Vivalytic-Analyseplattform die BioMEMS-Technologie realisieren. Diese Technologie ermöglicht auf einem Chip gezielte Tests auf bis zu 250 genetische Merkmale wie zum Beispiel Erreger – und das direkt am „point of care“, etwa in einer Arztpraxis. Dazu gehen wir, wie kürzlich angekündigt, eine Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaft mit Randox ein – mit einem gemeinsamen Investitionsvolumen von 150 Millionen Euro. Ein erster BioMEMS-Test wird auf verschiedene Erreger der Sepsis zielen, bekannt auch als Blutvergiftung. Überdies können wir heute eine zweite strategische Partnerschaft bekanntgeben: Zusammen mit R-Biopharm wollen wir einen vollautomatisierten Test auf multiresistente Bakterien entwickeln. Auch dafür ist ein gemeinsames Investitionsvolumen von 150 Millionen Euro geplant. Mit beiden strategischen Partnerschaften haben wir große Wachstumschancen: Mit den molekulardiagnostischen Point-of-Care-Tests entsteht voraussichtlich ein Milliarden-Markt. Das ist „Technik fürs Leben“ im engsten Sinn des Wortes – Technik, die Leben retten kann.
Auch in unserem Kerngeschäft setzen wir strategische Entscheidungen für kommendes Wachstum um. So haben wir auf die Transformation der Automobilbranche zu Jahresbeginn mit der größten Reorganisation unserer Firmengeschichte geantwortet: dem integrierten Geschäftssektor Mobility. Software, Halbleiter, Fahrzeugrechner – gerade diese Zukunftstechnologien werden nunmehr bereichsübergreifend geführt. Überdies sehen wir auch in schwierigem Umfeld geschäftliche Erfolge und Chancen. Dazu zunächst zwei wesentliche Beispiele:
Wie wir die Entwicklung des „Software Defined Vehicle“ forcieren, wollen wir Ihnen bei unserem „Tech Day“ im Juni zeigen. Dazu lade ich Sie schon jetzt herzlich ein. Noch etwas vertiefen möchte ich hier ein weiteres Wachstumsfeld von Bosch Mobility: Wasserstoff.
Das Gute ist, insgesamt können wir auf diesem Feld an unserer Wachstumsprognose festhalten: Bis 2030 kann unser Umsatz mit Wasserstoff-Technik voraussichtlich fünf Milliarden Euro erreichen. Allerdings zeigt sich ein zugleich dynamisches und differenziertes Bild. So haben wir 2023 unsere Produktion von Brennstoffzellen-Systemen in Stuttgart und im chinesischen Chongqing gestartet. Leitmarkt wird voraussichtlich zunächst China sein, in Europa und Nordamerika erwarten wir erst in der nächsten Dekade größere Zuwächse. Aus technischer Sicht ist der schnellste Weg zum klimaneutralen Nutzfahrzeug-Verkehr mit dem Wasserstoffmotor möglich. Fahrzeugplattformen, Fertigungsstraßen, Komponenten – das alles ist zu 90 Prozent mit dem Diesel identisch, und dies ebenso robust und leistungsfähig, aber ohne CO2-Ausstoß. Auch diese Entwicklung forcieren wir. Schon in diesem Jahr kommt in Indien ein Wasserstoffmotor mit unserer Einblastechnik auf die Straße, und wir arbeiten bereits an fünf Serienaufträgen namhafter Lkw-Hersteller aus allen Teilen der Triade. 2030 erwarten wir ein Marktvolumen für unsere Technik zum Wasserstoffmotor von nahezu einer Milliarde Euro.
Ohne die Verfügbarkeit der nötigen Infrastruktur und großer Mengen von H2 ist jedoch alles nichts. Doch auch hier bewegt sich der Markt, und Bosch ist vorn dabei. Weltweit wird bis 2030 die Kapazität für die Wasserstoff-Elektrolyse gut 170 Gigawatt installierter Leistung erreichen – rund 25-mal so viel wie heute. Bis dahin wird sie sich jährlich nahezu verdoppeln. Am Ende der Dekade wird der Elektrolyse-Weltmarkt voraussichtlich ein Volumen von 37 Milliarden Euro haben. Daran wollen und können wir teilhaben. Mit unserem Elektrolyse-Stack sind wir auf Kurs zum Markteintritt im nächsten Jahr. Jetzt im April bauen wir unsere ersten Funktionsmuster, die mit 1,2 Megawatt Leistung pro Stunde 23 Kilo Wasserstoff erzeugen. Diese seriennahen Muster werden bereits an Pilotkunden im Anlagenbau gehen. Bosch wird ein Name nicht nur für Wasserstoff-Antriebe, sondern auch für die Wasserstoff-Produktion – hier wie dort werden wir als Zulieferer einen Zukunftsmarkt mitgestalten.
Wir können nur hoffen, dass diese Zukunft auch in der Europäischen Union stattfindet, wo dem großen Ziel der CO2-Neutralität noch kein entschlossener Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft gefolgt ist – das eine wird ohne das andere nicht möglich sein. Wo Klima- und Energiepolitik widersprüchlich ist, werden Investoren nicht investieren, sondern warten. Und wo sie sprunghaft ist, kann sie auch Konsumenten bei langfristigen Kaufentscheidungen verunsichern, wie wir es auf einem anderen für Bosch wichtigen Wachstumsfeld erleben: auf dem Wärmepumpen-Markt. Dieser Markt ist in Deutschland unter dem Eindruck der kontroversen Debatte um das Heizungsgesetz im Verlauf des vergangenen Jahres stark eingebrochen, immerhin rechnen wir mit einer Stabilisierung ab Mitte dieses Jahres, allerdings deutlich unter Vorjahresniveau. Weiteres Wachstum setzt eine klare und berechenbare Förderpolitik voraus. Europaweit hat der Wärmepumpen-Markt 2023 stagniert, während unser Geschäft um nahezu 50 Prozent zugelegt hat. Und wir sehen voraus, dass wir auch in den kommenden Jahren deutlich stärker als der Markt wachsen. Dazu haben wir nicht nur in unsere Produktion investiert, sondern auch unser Produktportfolio ausgebaut – von kostengünstigen bis hin zu leisen und effizienten Wärmepumpen. Zudem bieten wir leistungsfähige Geräte für größere Gebäude. Und nicht zuletzt setzen wir auf Hybridheizungen, der Kombination aus Wärmepumpe für den Grundbetrieb und einer Gastherme für die Spitzenlast. Damit ermöglichen wir die effiziente Dekarbonisierung für Millionen von Bestandsgebäuden, erstmals auch mit einer Lösung für Mehrfamilienhäuser mit bis zu 100 Wohneinheiten. Jenseits der Verbraucher-Verunsicherung vom vergangenen Jahr – die Wärmewende kommt. Und sie bleibt für Bosch eine geschäftliche Chance, die wir besser als andere heben können.
Auch wenn die Umsetzung unserer Wachstumsstrategie auf Marktveränderungen reagieren muss, geht sie voran. In der Industrietechnik haben wir es weniger mit politischen Hürden zu tun als mit einer abgeschwächten Maschinenbau-Konjunktur. Allerdings tragen die Zukäufe unserer Tochtergesellschaft Bosch Rexroth Früchte: Hydraforce in Nordamerika für die Kompakthydraulik, Elmo Motion in Israel für die Fabrikautomation. Hier wie dort wachsen wir kräftiger als der Wettbewerb. Mit der Kompakthydraulik erreichen wir zudem weltweit eine führende Marktposition. In der Fabrikautomation profitieren wir nicht zuletzt von einer innovativen Software-Lösung, die geradezu eine Eintrittskarte für das Hardware-Geschäft ist. Diese Lösung ist eine offene Steuerungsplattform, wir nennen sie ctrlX Automation. Seit ihrem Start vor vier Jahren hat sich die Zahl der Kunden auf rund 1 500 versiebenfacht. 2023 ist der entsprechende Umsatz um 30 Prozent gestiegen. Mehr als 100 Partner bringen ihre Stärken und Lösungen in die ctrlX Automation ein – derzeit das am schnellsten wachsende Ökosystem der Fabrikautomation. Bosch Rexroth kommt mit Partnerschaften und Innovationen ebenso wie durch Zukäufe voran.
Nicht nur unsere Geschäftsfelder wachsen, meine Damen und Herren, auch unsere Herausforderungen in Zeiten industrieller Transformation. Manche Entscheidungen schmerzen uns – das will ich nicht leugnen, zum Schluss aber auf die Frage nach Kontinuität oder Wandel der Bosch-Kultur eingehen. Zu dieser Kultur gehörte schon zu Lebzeiten von Robert Bosch immer beides: Zukunfts- und Ertragsorientierung einerseits, Fairness andererseits. Wer unseren Firmengründer auf eine Seite reduziert, verklärt ihn zu politischen Zwecken. Ja, Robert Bosch hat Sozialpartnerschaft praktiziert, als es diesen Begriff noch nicht gab. Aber das schloss Kontroversen in der Sache und sogar Arbeitskämpfe auch zu seinen Zeiten nicht aus. Wichtig war ihm die Einigung danach – sie ist damals gelungen, sie gelingt auch heute, wie wir es jetzt in unseren konstruktiven Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern erleben. Sozialpartnerschaft bedeutet nicht nur soziale Harmonie, sie kann und muss auch hartes Ringen um den Ausgleich wirtschaftlicher und sozialer Interessen sein. Dies ist mindestens so anspruchsvoll wie zu Lebzeiten von Robert Bosch, da wir auch ökologische Notwendigkeiten berücksichtigen müssen. Das Umfeld ist also komplexer geworden, Kompromisse werden nicht einfacher. Aber wir wollen und werden sie mit unseren Beschäftigten erreichen. Gerade in schwieriger Zeit ist Sozialpartnerschaft wertvoll.
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Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit rund 429 000 Mitarbeitenden (Stand: 31.12.2023). Sie erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro. Die Geschäftsaktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Mobility, Industrial Technology, Consumer Goods sowie Energy and Building Technology. Mit seiner Geschäftstätigkeit will das Unternehmen übergreifende Trends wie Automatisierung, Elektrifizierung, Digitalisierung, Vernetzung sowie die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit technologisch mitgestalten. Die breite Aufstellung über Branchen und Regionen hinweg stärkt die Innovationskraft und Robustheit von Bosch. Mit seiner ausgewiesenen Kompetenz bei Sensorik, Software und Services ist das Unternehmen in der Lage, Kunden domänenübergreifende Lösungen aus einer Hand anzubieten. Zudem setzt Bosch sein Know-how in den Bereichen Vernetzung und künstliche Intelligenz ein, um intelligente, nutzerfreundliche und nachhaltige Produkte zu entwickeln und zu fertigen. Bosch will mit „Technik fürs Leben“ dazu beitragen, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und natürliche Ressourcen zu schonen. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH sowie ihre rund 470 Tochter- und Regionalgesellschaften in mehr als 60 Ländern. Inklusive Handels- und Dienstleistungspartnern erstreckt sich der weltweite Fertigungs-, Entwicklungs- und Vertriebsverbund von Bosch über fast alle Länder der Welt. Basis für künftiges Wachstum ist die Innovationskraft des Unternehmens. Bosch beschäftigt weltweit rund 90 000 Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung an 136 Standorten, davon etwa 48 000 Software-Entwicklerinnen und -Entwickler.
Das Unternehmen wurde 1886 als „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ von Robert Bosch (1861–1942) in Stuttgart gegründet. Die gesellschaftsrechtliche Struktur der Robert Bosch GmbH sichert die unternehmerische Selbstständigkeit der Bosch-Gruppe. Sie ermöglicht dem Unternehmen langfristig zu planen und in bedeutende Vorleistungen für die Zukunft zu investieren. Die Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH liegen zu 94 Prozent bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung GmbH. Die übrigen Anteile halten eine Gesellschaft der Familie Bosch und die Robert Bosch GmbH. Die Stimmrechte liegen mehrheitlich bei der Robert Bosch Industrietreuhand KG. Diese hat die durch den Firmengründer Robert Bosch testamentarisch verfügte Aufgabe, für den langfristigen Bestand des Unternehmens und speziell für dessen finanzielle Unabhängigkeit zu sorgen.
Mehr Informationen unter www.bosch.com, www.iot.bosch.com, www.bosch-presse.de.