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Doppelbatterie für den Stromspeicher Braderup

Große Flexibilität im Umgang mit Windstrom

  • Erweitertes Projekt für Bürgerwindpark
  • Hybridsystem mit Lithium-Ionen und Vanadium-Redoxflow
  • Schnelle Reaktion und langfristige Speicherung

     Die Diskussion zur Umgestaltung der Energiewende ist in vollem Gange.
     Ein Speicherprojekt an der Nordseeküste setzt währenddessen neue Maßstäbe:
     Eine flexible Hybridbatterie von Bosch speichert Windstrom, wenn die Netze
     überlastet sind. Sie gehört zu den größten in Europa.

Stuttgart/Braderup – Das Beste aus zwei Welten: Ein maßgeschneidertes Hybridsystem aus zwei leistungsstarken Batterietypen speichert ab Mitte Juli den Strom eines Bürgerwindparks im norddeutschen Ort Braderup. Dafür liefert Bosch einen Verbund aus einer Lithium-Ionen- und einer Vanadium-Redoxflow-Batterie, mitsamt der gemeinsamen Steuerung des Systems. Diese Batterie speichert elektrische Energie, wenn die Stromnetze an der windreichen Küste überlastet sind und die Elektrizität daher nicht mehr ableiten können. „Mit diesem Konzept erweitern wir die Einsatzmöglichkeiten unserer Speicher“, sagt Cordelia Thielitz, die bei Bosch den Bereich stationäre Stromspeicher leitet. „Zudem lässt sich mit solchen Speichern der vielerorts umstrittene Ausbau von Stromnetzen verringern.“

Windstrom zu jeder Zeit verfügbar
Am Zweck des Speichers ändert sich durch das erweiterte Konzept nichts: Windstrom soll zu jeder Zeit ins Netz eingespeist werden können – egal, ob an der Küste Sturm oder Flaute herrscht. Gibt es zu viel Windenergie, nimmt ihn der Hybridspeicher auf und gibt ihn später ab. So lassen sich die stark fluktuierenden erneuerbaren Energien besser als bisher ins bestehende Stromnetz eingliedern. Bislang werden Windräder mitunter aus der Brise gedreht, wenn die Netze überlastet sind.

Doppelbatterie in Braderup
Der Wind weht unregelmäßig über dem Dorf Braderup nahe Sylt. Manchmal kommt er in starken Böen, zu anderen Zeiten schwächer, aber gleichmäßig. Um den jeweils erzeugten Strom zu speichern, nutzt das neue System zwei verschiedene Batterien.

Zum einen einen Lithium-Ionen-Speicher mit einer Kapazität von zwei Megawattstunden (2 MWh) und einer Leistung von zwei Megawatt (2 MW). Die dafür verbauten Batterien werden vom japanischen Hersteller Sony bezogen.

Zum anderen eine Vanadium-Redoxflow-Batterie mit einer Kapazität von einer Megawattstunde (1 MWh) und einer Spitzenleistung von 325 Kilowatt (325 kW). Diese Batterie bezieht Bosch von der Vanadis Power GmbH aus Nürnberg. Auf diesem Gebiet arbeitet Bosch zudem eng mit deren US-Mutterunternehmen UniEnergy Technologies zusammen.

Bosch konzipiert, liefert und betreibt das vollständige System mit einer eigens entwickelten elektronischen Steuerung und der zugehörigen Software. Angeschlossen werden Windpark und Batterie an das Stromnetz der Schleswig-Holstein Netz AG. Das dafür benötigte zehn Kilometer lange Kabel ist bereits unter der Erde verlegt.

Die Auftraggeber: 200 private Investoren
Auftraggeber des Batterieprojektes ist die Energiespeicher Nord GmbH & Co. KG. Darin haben sich 2013 die Robert Bosch GmbH und der Bürgerwindpark Braderup-Tinningstedt GmbH & Co. KG zusammengeschlossen. Der Bürgerwindpark wiederum hat 200 private Investoren, seine sechs Windräder wurden zum Jahreswechsel aufgestellt. Die flache Region an der Nordsee gehört zu den windreichsten in Deutschland. „Wir kombinieren für unseren Zweck die Vorteile beider Batterietypen“, erklärt Jan Martin Hansen, einer der beiden Geschäftsführer der Energiespeicher Nord GmbH & Co. KG. Und ergänzt: „Je nach Windstärke und Ladezustand verteilt die Elektronik die anfallende Energie in die jeweils am besten geeignete Batterie.“ Hansen appelliert zugleich an die Bundesregierung, die rechtlichen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass innovative Batteriespeicher zum Einsatz kommen können.

Co-Geschäftsführerin Cordelia Thielitz von Bosch ergänzt: „Die Lithium-Ionen-Technik wird oft als ‚Leistungsbatterie' beschrieben, die in kurzer Zeit große Energiemengen aufnehmen und abgeben kann. Die Vanadium-Redoxflow-Technik bekommt oft den Beinamen ‚Energiebatterie', weil sie große Mengen elektrischer Energie über lange Zeiträume hinweg sehr effizient speichert. Wir setzen in Braderup beide Prinzipien gleichberechtigt ein. Der so entstehende Speicher ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur künftigen Versorgung mit erneuerbaren Energien. Wir wollen zeigen, dass Windstrom bei Netzüberlastung nicht abgeregelt werden muss. Damit gehen wir weitere Schritte hin zu einem erneuerbaren, effizienten und stärker dezentralisierten Energiesystem.“

Spitzenleistung: 2 325 Kilowatt
Insgesamt hat der Speicher auf einem ehemaligen Acker eine Kapazität von 3 000 Kilowattstunden (3 000 kWh) und eine Spitzenleistung von 2 325 Kilowatt (2 325 kW). „Rechnerisch reicht dies aus, um 40 durchschnittliche Einfamilienhäuser eine Woche lang Tag und Nacht mit Strom zu versorgen“, erklärt Johannes Kostka, kaufmännischer Projektleiter von Bosch. Die Vanadium-Redoxflow-Batterie wird in einem 150 Quadratmeter großen Gebäude aufgebaut, die Lithium-Ionen-Batterien sind in großen Stahlcontainern auf einer Fläche von rund 350 Quadratmetern installiert. Die Gesamtfläche der Installation mit Technikgebäude und Parkplätzen beträgt rund 2 500 Quadratmeter. Damit gehört die Doppelbatterie von Braderup zu den größten ihrer Art in Europa.

Flexibler Einsatz
Das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen Bosch entwickelt die Steuerungselektronik, übernimmt die Systemintegration und testet in Braderup verschiedene Betriebsvarianten. Dazu gehören das Vermarkten des Stroms im Regelenergiemarkt, das Nutzen der Energie für den Eigenverbrauch des Windparks, der Stromhandel an der Strombörse und das Stabilisieren des Stromnetzes. „Der Hybridspeicher lässt sich sehr flexibel einsetzen“, erklärt Felix Maus, technischer Projektleiter bei Bosch. „Zum einen speichert er Strom zur Nutzung oder zum Verkauf. Zum anderen kann er kurzfristige Schwankungen in der Nachfrage oder der Stromerzeugung ausgleichen, um das Stromnetz stabil zu halten. Denn Erzeugung und Nachfrage müssen jederzeit im Gleichgewicht stehen. Ein weiteres Problem im Stromnetz sind Spannungsschwankungen, denn diese können Anlagen im Stromnetz beschädigen. Um dies zu verhindern, kann die Leistungselektronik des Speichers sogenannte Blindleistung ins Netz einspeisen.“

Jan Martin Hansen ergänzt: „Wenn die Batterie installiert ist, können wir regenerative Energien auch dann anbieten, wenn der Wind nicht weht. Damit löst unser Bürgerwindpark ein wichtiges Problem. Wir werden damit zu einem verlässlichen Vertragspartner, der regenerativ erzeugten Strom kontinuierlich liefern kann.“

Hintergrund 1: überlastete Stromnetze und Klimaschutz
Die Energiespeicher Nord GmbH & Co. KG wurde 2013 gegründet. Sie handelt unter anderem vor dem Hintergrund des weltweit steigenden Energiebedarfs. Gleichzeitig gibt es in Teilen der Welt einen grundlegenden Wandel bei der Stromversorgung: weg von großen zentralen Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas, hin zu den erneuerbaren Energien wie Wind oder Sonne. Deren Angebot schwankt aber beständig. Daher kommt Stromspeichern eine wichtige Rolle zu. Dies ist eine von vielen Aktivitäten von Bosch für das Energiesystem der Zukunft.

Bis 2030 soll etwa die Hälfte des Strombedarfes in Deutschland durch regenerative Quellen gedeckt werden. Die Große Koalition in Berlin diskutiert momentan Ausbaukorridore für die erneuerbaren Energien. Denn langfristig soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent erhöht werden. Das reduziert den CO2-Ausstoß und dient dem Klimaschutz. Stromspeicher können entlang der windreichen Nordsee manche neu zu bauende Leitung überflüssig machen. Zum einen wird die Energie an Ort und Stelle nutzbar. Zum anderen kann der Überschuss dank der Speicher dann in den Süden geleitet werden, wenn die Netze nicht überlastet sind. Kurz: Speicher verhindern den Stau im Netz.

Hintergrund 2: Wie eine Vanadium-Redoxflow-Batterie arbeitet
Eine Redoxflow-Batterie speichert elektrische Energie in Form chemischer Verbindungen. Diese sind in einer Flüssigkeit gelöst, die Rede ist dabei von einem Elektrolyt. Zwei Elektrolyte zirkulieren von Pumpen getrieben in zwei getrennten Kreisläufen. Sie kommen nur in einer kleinen Zelle miteinander in Verbindung, getrennt von einer hauchfeinen Membran. Durch sie hindurch können geladene Teilchen – die sogenannten Ionen – von einer Seite zur anderen wandern. Beim Laden der Batterie wird eine der beiden Elektrolyt-Lösungen positiv und die zweite negativ geladen. Beim anschließenden Entladen der Batterie kehren die geladenen Teilchen wieder in ihren ursprünglichen Elektrolyten zurück. Dabei wird die gespeicherte elektrische Energie wieder frei. Eine Redoxflow-Batterie kann durch den Anbau weiterer Tanks für mehr Elektrolytlösung leicht erweitert werden.

Hintergrund 3: Wie eine Lithium-Ionen-Batterie arbeitet
Beim Laden und Entladen einer Lithium-Ionen-Batterie wandern geladene Lithium-Teilchen (die sogenannten Lithium-Ionen) zwischen der negativen und der positiven Elektrode der Batterie hin und her. Beim Entladen der vollen Batterie werden dabei Elektronen abgegeben, die in einem äußeren Stromkreis elektrische Arbeit verrichten: Es fließt ein Strom. Beim Laden der Batterie – zum Beispiel mit dem Strom eines Windparks – wird dieser Vorgang umgekehrt. Dann nehmen Lithium-Ionen Elektronen auf und speichern sie bis zur nächsten Entladung. Dieser Vorgang ist viele Male wiederholbar.

Die besonderen Eigenschaften der Lithium-Ionen-Batterie – zum Beispiel eine hohe Lade- und Entladegeschwindigkeit, eine hohe Kapazität und eine hohe Energiedichte – gehen vor allem auf die Elektrodenmaterialien zurück. Die negative Elektrode besteht aus Graphit. Die positive Elektrode ist aus kristallinem Material zusammengesetzt, zum Beispiel aus Mangan, Kobalt, Aluminium, Nickel oder Eisen. Diese Metall-Ionen bilden eine Tunnelstruktur. Die Lithium-Ionen werden beim Laden in die Tunnelstruktur eingelagert und beim Entladen wieder aus ihr freigegeben.

Leserkontakt:
Johannes Kostka
Telefon: +49 711 3653-1529

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Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2013 mit rund 281 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 46,1 Milliarden Euro. (Hinweis: Aufgrund geänderter Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sind die Kennzahlen für 2013 mit den früher veröffentlichten Kennzahlen für 2012 nur bedingt vergleichbar). Die Aktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Kraftfahrzeugtechnik, Industrietechnik, Gebrauchsgüter sowie Energie- und Gebäudetechnik. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre rund 360 Tochter- und Regionalgesellschaften in rund 50 Ländern; inklusive Vertriebspartner ist Bosch in rund 150 Ländern vertreten. Dieser weltweite Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebsverbund ist die Voraussetzung für weiteres Wachstum. Im Jahr 2013 investierte die Bosch-Gruppe rund 4,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung und meldete rund 5 000 Patente an. Das sind durchschnittlich 20 Patente pro Tag. Ziel der Bosch-Gruppe ist es, mit ihren Produkten und Dienstleistungen die Lebensqualität der Menschen durch innovative, nutzbringende sowie begeisternde Lösungen zu verbessern und Technik fürs Leben weltweit anzubieten.

Das Unternehmen wurde 1886 als „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ von Robert Bosch (1861–1942) in Stuttgart gegründet. Die gesellschaftsrechtliche Struktur der Robert Bosch GmbH sichert die unternehmerische Selbstständigkeit der Bosch-Gruppe. Sie ermöglicht dem Unternehmen, langfristig zu planen und in bedeutende Vorleistungen für die Zukunft zu investieren. Die Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH liegen zu 92 Prozent bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung GmbH. Die Stimmrechte hält mehrheitlich die Robert Bosch Industrietreuhand KG; sie übt die unternehmerische Gesellschafterfunktion aus. Die übrigen Anteile liegen bei der Familie Bosch und der Robert Bosch GmbH.

Mehr Informationen unter www.bosch.com, www.bosch-presse.de, http://twitter.com/BoschPresse.

Die Vanadis Power GmbH, gegründet in 2013 und mit Sitz in Nürnberg, bietet hochentwickelte Vanadium Redox Flow Batterien auf dem europäischen Markt an. Diese Batterien sind für die gesamte Bandbreite an Kurz- und Langzeitspeichern einschließlich der Integration erneuerbarer Energien konzipiert. Vanadis wird von privaten Investoren langfristig finanziert und ist strategisch eng verbunden mit Rongke Power für die Herstellung weltweit führender Batteriezellen und Systeme, mit Bolong New Materials für die Lieferung von hochqualitativem Vanadium-Elektrolyt und mit UniEnergy Technologies, welche eine neue Generation von Kompakt-Vanadium-Batterien entwickelt hat und industriell herstellt.

Tags: Batterie, Energy,

Über Bosch

Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit rund 375 000 Mitarbeitern (Stand: 31.12.2015). Sie erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2015 einen Umsatz von 70,6 Milliarden Euro. Die Aktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Mobility Solutions, Industrial Technology, Consumer Goods sowie Energy and Building Technology. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre rund 440 Tochter- und Regionalgesellschaften in rund 60 Ländern. Inklusive Handels- und Dienstleistungspartnern erstreckt sich der weltweite Fertigungs- und Vertriebsverbund von Bosch über rund 150 Länder. Basis für künftiges Wachstum ist die Innovationskraft des Unternehmens. Bosch beschäftigt weltweit 55 800 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung an 118 Standorten. Strategisches Ziel der Bosch-Gruppe sind Lösungen für das vernetzte Leben. Mit innovativen und begeisternden Produkten und Dienstleistungen verbessert Bosch weltweit die Lebensqualität der Menschen. Bosch bietet „Technik fürs Leben“.

Das Unternehmen wurde 1886 als „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ von Robert Bosch (1861–1942) in Stuttgart gegründet. Die gesellschaftsrechtliche Struktur der Robert Bosch GmbH sichert die unternehmerische Selbstständigkeit der Bosch-Gruppe. Sie ermöglicht dem Unternehmen langfristig zu planen und in bedeutende Vorleistungen für die Zukunft zu investieren. Die Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH liegen zu 92 Prozent bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung GmbH. Die Stimmrechte hält mehrheitlich die Robert Bosch Industrietreuhand KG; sie übt die unternehmerische Gesellschafterfunktion aus. Die übrigen Anteile liegen bei der Familie Bosch und der Robert Bosch GmbH.

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