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Referat #Vernetzte Mobilität
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Luftqualität in Städten

Referat von Dr. Rolf Bulander, Mitglied der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH anlässlich des Pressegesprächs am 21.11.2017. Es gilt das gesprochene Wort.

Joern Ebberg

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Sehr geehrte Damen und Herren,

Feinstaubalarm, Umweltplaketten und drohende Fahrverbote in Innenstädten – die aktuelle Diskussion um Luftqualität und Klimaschutz zeigt, wie groß der Handlungsdruck ist. Wir möchten mit Ihnen über Innovationen und Lösungsansätze diskutieren, die kurz- und langfristig zu einer besseren Luftqualität in Städten beitragen können. Wir glauben daran: um eine deutliche Verbesserung der Luftqualität in deutschen Städten zu erreichen, ist ein geeignetes Maßnahmenbündel notwendig. Dazu braucht es Elektromobilität, Hybridisierung und moderne Verbrenner genauso wie die Vernetzung des Verkehrs und – über das Auto hinaus müssen alle Bereiche gemeinsam gedacht werden, um die Luftqualität nachhaltig verbessern zu können. In viele Richtungen zu denken bedeutet auch: Wir brauchen eine faktenbasierte Diskussion, die sowohl dem Klimaschutz und der Luftreinhaltung, jedoch auch der Beschäftigung und den nötigen Zeiträumen für tiefgreifende Transformationen Rechnung trägt.

Die Luftreinhaltung ist ein Thema von höchster Dringlichkeit, nicht nur an unserem Firmensitz in Stuttgart, sondern in vielen Städten deutschlandweit: egal ob München, Hamburg oder Berlin. Unsere Entwickler haben das Ziel, über die Optimierung einzelner Antriebsarten hinaus dazu beizutragen, dass die Luft in deutschen Städten besser wird. Welche Lösungen Bosch dazu beitragen kann, das will ich Ihnen heute zeigen und gleichzeitig für eine faktenbasierte Diskussion werben.

Der Verbrennungsmotor und Luftqualität

Denn rein faktisch betrachtet, ist beim Thema Luftqualität schon vieles passiert in den letzten Jahrzehnten: Fakt ist, dass technischer Fortschritt und veränderte Regulierungen die Luftqualität seit 1990 deutlich verbessert haben. So gibt es in Deutschland zum Beispiel keine Überschreitungen der Grenzwerte von Benzol, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid und Blei mehr. Auch die Immissionswerte von Feinstaub (PM10) und Stickoxiden (NOx) haben seit 1990 signifikant abgenommen.

In der öffentlichen Debatte werden Feinstaubemissionen häufig primär mit dem Dieselantriebsstrang verbunden. Was zu Zeiten der Diskussionen zur erstmaligen Einführung von Umweltzonen im Jahr 2008 noch faktisch korrekt war, ist 2017 jedoch nicht mehr zutreffend. Das Landesamt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) hat berechnet, dass sechs Prozent der Feinstaub-Immissionsbelastung am Neckartor auf Abgasemissionen aus dem Straßenverkehr zurückzuführen ist. Der Beitrag von Diesel-Pkw liegt hier zwischen ein und zwei Prozent. Maßgeblich beteiligt an der Immissionsbelastung sind Bremsen-, Reifen- und Straßenabrieb. Diese Emissionen entstehen unabhängig von der Antriebsart.

Doch nicht Partikel sondern Stickstoffdioxid ist aktuell die größte Herausforderung der Luftreinhaltung für viele deutsche Städte. Hierzu einige Fakten:

  • Stickstoffdioxid entsteht in erster Linie durch Verbrennungsvorgänge im Verkehr, in der Industrie und in den Haushalten. Der Straßenverkehr und hier insbesondere die Diesel-Pkw sind die Hauptverursacher von Stickstoffdioxiden.
  • Verschiedene Berechnungen belegen, dass die aktuelle Dieselflotte je nach Stadt für 50-70 Prozent der NO2-Direktemissionen an den Messstellen verantwortlich ist. Das Umweltbundesamt beziffert den Beitrag in Deutschland im Durchschnitt auf 67 Prozent. Es wird erwartet, dass dieser Wert mit der Flottendurchdringung von neueren Euro 6 Fahrzeugen abnehmen wird.
  • Die Technik, um die Werte bei realen Fahrten mit dem Pkw weiter zu reduzieren, ist bereits vorhanden – beim Lkw hat diese Entwicklung schon stattgefunden – und wird mit den seit September 2017 geltenden Real Driving Emissions-Vorgaben flächendeckend in den Markt kommen.

Der Verkehr von morgen: Von Diesel bis Elektroantrieb

Bei allem, was wir tun – ohne reine Luft ist alles nichts. Eben deshalb verfolgt Bosch besonders hartnäckig das Ziel einer emissionsfreien Mobilität, auch und gerade in den Städten. Wenn ich gefragt werde, ob die urbane Mobilität der Zukunft mehr denn je Elektromobilität sein wird, so kann ich das bejahen. Aber ich möchte hinzufügen, es wird noch lange eine Koexistenz von Elektroautos und Verbrennern geben. Denn gerade die aktuellen CO2-Ziele werden wir nicht nur mit dem Einsatz der Elektromobilität erreichen können. Um diese Ziele erreichen zu können, müssen wir alle Register der Technik ziehen, und das heißt nach wie vor: den Diesel- und Benzinmotor optimieren. Dabei lassen wir die Immissionsbelastung in vielen Städten nicht außen vor, auch darauf zielt die Optimierung unserer Technik.

  • Wir unterstützen in mehr als 300 Kundenprojekten die Automobilhersteller, die Abgasnorm Euro 6d auf die Straße zu bringen, also in „Real Driving Emissions“ umzusetzen. Mit Diesel-Prototypen haben wir gezeigt, dass es mit unserer Technik schon heute möglich ist, die Grenzwerte des Jahres 2021 zu unterbieten und die gesetzlichen Grenzwerte auch im realen Fahrbetrieb einzuhalten.
  • Wir arbeiten an neuen Lösungen, um den Feinstaub zu reduzieren, der größtenteils nicht aus dem Auspuff, sondern vom Abrieb der Bremsen und Reifen kommt. Schon nächstes Jahr bringen wir die iDisc in Serie – eine Bremsscheibe, die mit Hartmetall beschichtet ist und bis zu 90 Prozent weniger Bremsstaub erzeugt.
  • Rein elektrische 48-Volt-Antriebssysteme werden im städtischen Personenverkehr in Fahrzeugen der neuen Art kommen. Sie sind sehr klein und sehr leicht. Auch diese Fahrzeuge rüsten wir aus. Ein Beispiel dafür ist die eSchwalbe.
  • Damit auch größere Autos rein elektrisch fahren können, forcieren wir die Entwicklung unserer Hochvolt-Systeme. Schon jetzt sind weltweit eine halbe Million Autos mit elektrischen Antriebskomponenten von Bosch unterwegs. Sogar im Güterverteilverkehr lässt sich Elektromobilität aus unserem Haus bereits auf den Straßen unserer Städte besichtigen. So liefern wir das Antriebssystem für die Streetscooter der Deutschen Post – die größte Elektroauto-Flotte Europas.
  • Gleichzeitig können auch Städte selbst dazu beitragen, die Emissionen des Verkehrs zu reduzieren – ganz ohne Fahrverbote. Eine Verstetigung des Verkehrs kann zu einer Reduktion der NOx-Emissionen sowie geringerem Kraftstoffverbrauch und niedrigerer CO2-Emission bei Diesel- und Benzin-Fahrzeugen beitragen. Durch fließenden Verkehr können Stickoxid-Emissionen um bis zu 20 Prozent reduziert werden. Da Fahrzeuge bei fließendem Verkehr auch weniger bremsen, lassen sich mit Verkehrsplanung auch die Partikelemissionen nochmals reduzieren.
  • Auch bei der Verstetigung des Verkehrs können wir zukünftig mit Technik unterstützen. Unsere mobilen Messboxen werden zukünftig eine flächendeckende Messung der Luftqualität in Städten möglich machen. Im Gegensatz zu heutigen Messstationen werden sie günstiger, kleiner und mobil einsetzbar sein. Dies ermöglicht die Erzeugung von Echtzeitkarten zur Luftqualität. Diese bieten Städten eine wichtige weitere Grundlage für die Verkehrsplanung – beispielsweise zeigen sie, wo durch stockenden Verkehr Emissionen entstehen.

Smarte Städte: Bosch-Lösungen gehen über die Motorhaube hinaus

Wir haben natürlich auch das „big picture“ im Auge. Das heißt, die langfristige Entwicklung der Mobilität besonders in Städten. Neben kurzfristigen Maßnahmen bleibt die mittel- und langfristige Anpassung an eine neue Welt essentiell. Denn vieles wird sich in naher Zukunft wandeln: Schon 2050 wird es mehr als sechs Milliarden Großstadt-Einwohner geben, doppelt so viele wie heute. Der urbane Verkehr wird sich bis dahin verdreifachen – auch deshalb, weil mit dem Online-Handel der Lieferverkehr weiter anschwellen wird. Zudem ist es kaum vorstellbar, dass der zunehmende Verkehr nur auf vier Rädern rollt – auch Bosch geht es um neue Lösungen für den Transport von Menschen und Gütern, über das Auto hinaus. Dies entspricht der veränderten Stadtplanung in aller Welt – weg von der allein autogerechten Stadt, hin zu einer smarten Mobilität. Ein Beispiel hierfür ist die Parkplatzsuche. Noch verursacht diese Suche ein Drittel des Stadtverkehrs. Unsere Lösungen für das vernetzte und automatisierte Parken schonen Sprit, Zeit und Nerven. Schritt für Schritt beseitigen wir mit unseren Projekten den Stressfaktor Parkplatzsuche. Wir müssen den urbanen Verkehr neu denken: Güter, die von Verteilzentren innerhalb der Städte mit vernetzten Elektrotransportern geliefert werden, Menschen, die je nach Stau und Bedarf von der Straße auf die Schiene, von vier auf zwei Räder wechseln. Und dieser Wechsel vom Auto auf Bahnen oder Bikes muss glatt und reibungslos gelingen, möglichst ohne Such- und Wartezeiten. Dies wiederum setzt eine nahtlose Vernetzung voraus – die Vernetzung von allem, was sich in der Stadt bewegt. Und der Wandel hat schon begonnen.

In Europa wird London genauso zur vernetzten Stadt wie in Asien Singapur. Schon 2025 werden weltweit 80 Metropolen Smart Cities sein. Bereits jetzt verfolgt Bosch weltweit 14 Leitprojekte mit vernetzten Städten. Dazu zählen Stadtprojekte in Singapur, San Francisco, Berlin und Hamburg. Sieben Projekte schließen Lösungen für urbane Mobilität mit ein. Dazu gehören neben vernetztem Parken und Flottenmanagement auch E-Mobilität und intermodaler Transport.

Auch als Arbeitgeber engagieren wir uns beim Thema Luftqualität. Rund 15 000 Bosch-Mitarbeiter im Einzugsgebiet des VVS sind an Standorten im Stuttgarter Stadtgebiet tätig oder dort beruflich unterwegs. Auch in dieser Feinstaubalarm-Saison können Bosch-Beschäftigte mit Arbeitsplätzen in Stuttgart bei Feinstaubalarm ihren Firmenausweis als VVS-Ticket nutzen. Darüber hinaus unterstützt Bosch seine Mitarbeiter mit zahlreichen betrieblichen Regelungen. Dazu zählen Home Office, also dem Arbeiten von zu Hause, oder die Nutzung von Telefon- und Videokonferenzen, um die Fahrt für Termine an anderen Standorten zu vermeiden. Ebenso können Mitarbeiter von Gleitzeit Gebrauch machen, damit sie bessere Verbindungen des ÖPNV nutzen oder außerhalb von Stoßzeiten im Berufsverkehr unterwegs sein können.

Sie sehen: Die Herausforderungen für den Stadtverkehr sind groß: Staus, Luftverschmutzung, Platzmangel. Wir bei Bosch wollen die Städte mit unseren Lösungen unterstützen: Es gibt nicht DIE eine Lösung, sondern nur ein Maßnahmen-Mix kann zu einer deutlichen Verbesserung der Luftqualität führen.

Ich lade Sie ein, in unserer Ausstellung nun zahlreiche Bosch-Lösungen kennen zu lernen, die Städte dabei unterstützen, die Luftqualität zu verbessern – vom elektrischen Lieferfahrzeug über vernetzte Parklösungen bis hin zum modernen Dieselantrieb.

Mobility ist der größte Unternehmensbereich der Bosch-Gruppe. Er trug 2023 nach vorläufigen Zahlen mit 56,3 Milliarden Euro knapp 60 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Damit ist das Technologieunternehmen einer der führenden Zulieferer der Automobilindustrie. Der Bereich Mobility verfolgt die Vision einer sicheren, nachhaltigen und begeisternden Mobilität der Zukunft. Seinen Kunden bietet der Bereich ganzheitliche Mobilitätslösungen.Die wesentlichen Geschäftsfelder sind: Einspritztechnik und Nebenaggregate für Verbrennungsmotoren sowie vielfältige Lösungen zur Elektrifizierung des Antriebs, Fahrzeug-Sicherheitssysteme, Assistenz- und Automatisierungsfunktionen, Technik für bedienerfreundliches Infotainment und fahrzeugübergreifende Kommunikation, Werkstattkonzepte sowie Technik und Service für den Kraftfahrzeughandel. Wichtige Innovationen im Automobil wie das elektronische Motormanagement, der Schleuderschutz ESP oder die Common-Rail-Dieseltechnik kommen von Bosch.

Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit rund 428 000 Mitarbeitenden (Stand: 31.12.2023). Sie erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2023 nach vorläufigen Zahlen einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro. Die Aktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Mobility, Industrial Technology, Consumer Goods sowie Energy and Building Technology. Als führender Anbieter im Internet der Dinge (IoT) bietet Bosch innovative Lösungen für Smart Home, Industrie 4.0 und Connected Mobility. Bosch verfolgt die Vision einer nachhaltigen, sicheren und begeisternden Mobilität. Mit seiner Kompetenz in Sensorik, Software und Services sowie der eigenen IoT-Cloud ist das Unternehmen in der Lage, seinen Kunden vernetzte und domänenübergreifende Lösungen aus einer Hand anzubieten. Strategisches Ziel der Bosch-Gruppe sind Lösungen und Produkte für das vernetzte Leben, die entweder über künstliche Intelligenz (KI) verfügen oder mit ihrer Hilfe entwickelt oder hergestellt werden. Mit innovativen und begeisternden Produkten sowie Dienstleistungen verbessert Bosch weltweit die Lebensqualität der Menschen. Bosch bietet „Technik fürs Leben“. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH sowie ihre rund 470 Tochter- und Regionalgesellschaften in mehr als 60 Ländern. Inklusive Handels- und Dienstleistungspartnern erstreckt sich der weltweite Fertigungs-, Entwicklungs- und Vertriebsverbund von Bosch über fast alle Länder der Welt. Basis für künftiges Wachstum ist die Innovationskraft des Unternehmens. Bosch beschäftigt weltweit rund 90 000 Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung an 136 Standorten, davon etwa 48 000 Software-Entwicklerinnen und -Entwickler.

Mehr Informationen unter www.bosch.com, www.iot.bosch.com, www.bosch-presse.de.

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