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Referat #Vernetzte Mobilität
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Bosch bringt Künstliche Intelligenz ins Auto

Bosch künstliche Intelligenz

Referat von Dr. Dirk Hoheisel, Mitglied der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH anlässlich der Bosch Mobility Experience am 4. Juli 2017 in Boxberg

Joern Ebberg

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Es gilt das gesprochene Wort.

Viele von Ihnen können sich vielleicht aus der Fahrschule an diese Szene erinnern: Ein Ball rollt zwischen parkenden Autos auf die Straße – was passiert nun wahrscheinlich als nächstes? Wir alle rechnen mit einem Kind, das in den nächsten Sekunden zwischen den Autos hervorspringen könnte und bremsen vorsorglich ab. Bisher sitzen Menschen am Steuer, die in solchen Situationen auf gleiche Weise – nämlich mit dem Verringern der Geschwindigkeit – reagieren. Was aber passiert, wenn ein Computer das Auto steuert? Ein selbstfahrendes Auto muss die Fähigkeiten des Menschen am Steuer nachahmen. Dass automatisierte Fahrzeuge schneller reagieren als jeder Mensch, immer aufmerksam sind und niemals müde werden, ist schon einmal Fakt – aber wie steht es mit der Antizipation?

Zwei Dinge muss ein automatisiert fahrendes Fahrzeug können. Erstens: Es muss Fußgänger, Radfahrer, Roller, Verkehrsschilder und natürlich andere Autos erkennen. Technisch ist das heute übrigens schon in vielen Serienmodellen möglich. Zweitens: Es muss Verkehrssituationen auch interpretieren und Vorhersagen darüber treffen können, wie sich andere Verkehrsteilnehmer verhalten werden. Das ermöglicht die Künstliche Intelligenz (KI). Ein Auto mit Künstlicher Intelligenz reagiert nicht nur schneller als jeder Mensch, es fährt auch vorausschauender. Das nützt uns allen, denn es macht den Verkehr in Metropolen sicherer – für Fußgänger, Radfahrer und nicht zuletzt für die Insassen der Autos. Deshalb ist unser Entwicklungsziel klar: Mit Bosch wird das Auto schlau.

Am automatisierten Fahren arbeiten unsere Ingenieure seit Jahren mit Hochdruck. Nahezu 3 000 Entwickler treiben bei uns das automatisierte Fahren voran. Erst kürzlich haben wir darüber hinaus eine Kooperation mit Daimler gestartet, um das automatisierte Fahren in die Stadt zu bringen. Fahrerassistenz, die Basis für automatisiertes Fahren, ist für Bosch ein stark wachsendes Geschäftsfeld. Hier haben wir 2016 erstmals die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro übertroffen und Aufträge im Wert von 3,5 Milliarden Euro akquiriert. Allein der Absatz unserer Radarsensoren legt in diesem Jahr um 60 Prozent zu, der von Videosensoren um 80 Prozent.

Nun gehen wir aber noch weiter und bauen über die Sensorik hinaus unsere Kompetenzen im Bereich der Künstlichen Intelligenz aus. Dafür investieren wir in den nächsten fünf Jahren 300 Millionen Euro in das Bosch Center for Artificial Intelligence. Ein Zentrum mit rund 100 Experten an Standorten in Indien, den USA und Deutschland.

Wie Herr Bulander bereits beschrieben hat, ist unser Ziel Null Unfälle. Automatisiertes Fahren hilft Menschenleben zu retten, weil es den Straßenverkehr sicherer macht, und Künstliche Intelligenz ist der Schlüssel dazu. Bis ein rollender Computer Verkehrssituationen mindestens genauso gut vorausahnen und interpretieren kann wie ein Mensch, liegt jedoch noch viel Arbeit vor uns. Dabei sind im Wesentlichen drei Schritte entscheidend.

Der erste Schritt ist das Verstehen: Das Auto muss wissen, was die Sensoren detektieren. Wie ein Mensch muss auch ein Computer mit Künstlicher Intelligenz erst lernen. Der Fachbegriff dafür lautet Deep Learning. Doch während einem Kleinkind ein paar Lkw reichen, um danach jeden Lastkraftwagen als solchen zu erkennen, betrachtet der Computer im Labor erst einmal Millionen von Nutzfahrzeugen, bis er einen Lastwagen identifiziert. Um im Straßenverkehr zu bestehen, muss die Künstliche Intelligenz aus Millionen Bildern zuverlässig Autos, Trucks, Fußgänger, Radfahrer, Bäume und andere Objekte erkennen – so auch den Ball, von dem ich eingangs sprach.

Im zweiten Schritt muss das Auto entscheiden können. Hier ist der Vergleich zum menschlichen Lernen ebenfalls passend: Das Auto muss mehr können, als seine Umwelt wahrzunehmen und zu verstehen. Es muss auch lernen, vorauszuahnen – also abschätzen können, was wahrscheinlich in den nächsten Momenten passieren wird. Die verschiedenen Sensordaten schaffen die Entscheidungsgrundlage für Künstliche Intelligenz. Durch die Fusion von Radar- und Videodaten wird das Bild der Umgebung detaillierter, und es lassen sich auch Fußgänger und deren Bewegungsrichtung erkennen. Hieraus berechnet das KI-System die Wahrscheinlichkeit einer Überquerung und leitet rechtzeitig ein Bremsmanöver ein.

Der dritte Schritt zum selbstfahrenden Auto ist eine hochgenaue Karte. Hier arbeiten wir mit dem niederländischen Karten- und Verkehrsinformationsanbieter TomTom ebenso wie mit den chinesischen Unternehmen AutoNavi, Baidu und NavInfo zusammen. Unser Ziel: Auf Basis ihrer Sensordaten sollen Fahrzeuge helfen, die digitale Karte in der Cloud immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Dafür möchten wir einen offenen Standard schaffen. Denn unseren Erkenntnissen zufolge benötigen wir für Autobahnen in Europa, Nordamerika und Asien-Pazifik jeweils eine Flotte mit etwa einer Million Fahrzeuge, um eine hochgenaue Karte aktuell zu halten. Einen Meilenstein haben wir bereits erreicht. Um präzise durch eine Stadt zu steuern, muss ein automatisiertes Fahrzeug mithilfe der hochgenauen Karte zu jeder Zeit wissen, wo es sich befindet. Dazu haben wir mit TomTom die Radar Road Signature vorgestellt, die auf Daten unserer Radarsensoren basiert. Milliarden von einzelnen Radar-Reflexpunkten werden während der Fahrt in die hochgenaue Karte eingetragen und bilden den Verlauf einer Straße nach. Damit können sich automatisiert fahrende Autos bis auf wenige Zentimeter genau in der Fahrspur lokalisieren und ihre Position exakt bestimmen – auch nachts und bei schlechter Sicht.

Daten, das ist in meinen Ausführungen deutlich geworden, spielen beim automatisierten Fahren eine wichtige Rolle. Ein selbstfahrendes Auto erzeugt eine ganze Menge davon – bis zu ein Gigabyte pro Sekunde. Um diese gigantische Datenmenge zu verarbeiten, braucht es mehr als ein klassisches Steuergerät. Vielmehr braucht ein Auto mit Künstlicher Intelligenz ein Gehirn. Und dieses Gehirn für selbstfahrende Autos kommt in Zukunft von Bosch. Unser KI-Autocomputer soll spätestens Anfang der kommenden Dekade in Serie gehen.

Dieser Computer für Künstliche Intelligenz wird automatisiert fahrende Autos auch durch komplexe und für das Auto neue Verkehrssituationen lenken.

Dazu kann er bis zu 30 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde durchführen – das ist dreimal so viel wie das menschliche Gehirn schafft. Und in jeder neuen Situation auf der Straße lernt die Künstliche Intelligenz dazu. Das beim Fahren erlernte Wissen speichert unser Computer auf künstlichen neuronalen Netzen. Experten überprüfen das Erlernte im Labor auf seine Richtigkeit. Nach weiteren Tests auf der Straße lassen sich die künstlich erzeugten Wissensstrukturen per Update auf beliebig viele andere KI-Autocomputer übertragen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Unser Ziel ist der unfallfreie Verkehr. Dieses Ziel erreichen wir mit Hilfe des automatisierten Fahrens. Schon heute können Fahrzeuge schneller reagieren als jeder Mensch – sie müssen jedoch auch Verkehrssituationen besser vorausahnen können als wir. Der Schlüssel, um dies zu erreichen, ist unser KI-Autocomputer – er wird dazu beitragen, den Straßenverkehr in Großstädten deutlich sicherer zu machen.

Wie das automatisierte Fahren dann Anfang des nächsten Jahrzehnts in die Stadt kommt, können Sie in unserem Workshop bei der Station Automated erfahren.

Mobility ist der größte Unternehmensbereich der Bosch-Gruppe. Er trug 2023 nach vorläufigen Zahlen mit 56,3 Milliarden Euro knapp 60 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Damit ist das Technologieunternehmen einer der führenden Zulieferer der Automobilindustrie. Der Bereich Mobility verfolgt die Vision einer sicheren, nachhaltigen und begeisternden Mobilität der Zukunft. Seinen Kunden bietet der Bereich ganzheitliche Mobilitätslösungen.Die wesentlichen Geschäftsfelder sind: Einspritztechnik und Nebenaggregate für Verbrennungsmotoren sowie vielfältige Lösungen zur Elektrifizierung des Antriebs, Fahrzeug-Sicherheitssysteme, Assistenz- und Automatisierungsfunktionen, Technik für bedienerfreundliches Infotainment und fahrzeugübergreifende Kommunikation, Werkstattkonzepte sowie Technik und Service für den Kraftfahrzeughandel. Wichtige Innovationen im Automobil wie das elektronische Motormanagement, der Schleuderschutz ESP oder die Common-Rail-Dieseltechnik kommen von Bosch.

Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit rund 429.000 Mitarbeitenden (Stand: 31.12.2023). Sie erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro. Die Geschäftsaktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Mobility, Industrial Technology, Consumer Goods sowie Energy and Building Technology. Mit seiner Geschäftstätigkeit will das Unternehmen übergreifende Trends wie Automatisierung, Elektrifizierung, Digitalisierung, Vernetzung sowie die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit technologisch mitgestalten. Die breite Aufstellung über Branchen und Regionen hinweg stärkt die Innovationskraft und Robustheit von Bosch. Mit seiner ausgewiesenen Kompetenz bei Sensorik, Software und Services ist das Unternehmen in der Lage, Kunden domänenübergreifende Lösungen aus einer Hand anzubieten. Zudem setzt Bosch sein Know-how in den Bereichen Vernetzung und künstliche Intelligenz ein, um intelligente, nutzerfreundliche und nachhaltige Produkte zu entwickeln und zu fertigen. Bosch will mit „Technik fürs Leben“ dazu beitragen, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und natürliche Ressourcen zu schonen. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH sowie ihre rund 470 Tochter- und Regionalgesellschaften in mehr als 60 Ländern. Inklusive Handels- und Dienstleistungspartnern erstreckt sich der weltweite Fertigungs-, Entwicklungs- und Vertriebsverbund von Bosch über fast alle Länder der Welt. Basis für künftiges Wachstum ist die Innovationskraft des Unternehmens. Bosch beschäftigt weltweit rund 90 000 Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung an 136 Standorten, davon etwa 48 000 Software-Entwicklerinnen und -Entwickler.

Mehr Informationen unter www.bosch.com, www.iot.bosch.com, www.bosch-presse.de.

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